Teufels Brandstifter-Prozess

Nachdem im Mai 1967 in Brüssel etwa 300 Menschen beim Brand eines Kauf­hauses ums Leben gekommen waren, veröf­fent­lichte die Kommune 1 in Berlin zwei sati­ri­sche Flug­blätter mit den Titeln „Wann brennst du, Konsu­ment?“ und „Wann brennen die Berliner Kauf­häuser?“ Darin Sätze wie: „Unsere belgi­schen Freunde haben endlich den Dreh raus, die Bevöl­ke­rung am lustigen Treiben in Vietnam wirk­lich zu betei­ligen: sie zünden ein Kauf­haus an, zwei­hun­dert satu­rierte Bürger beenden ihr aufre­gendes Leben und Brüssel wird Hanoi.“

Das Ganze war natür­lich als Protest gegen die Bombar­die­rung von Menschen in Vietnam durch die US Army gedacht. Die Kommu­narden Fritz Teufel und Rainer Lang­hans wurden daraufhin wegen „Auffor­de­rung zur menschen­ge­fähr­denden Brand­stif­tung“ ange­klagt, am 6. Juli 1967 begann ihr Prozess im berüch­tigten Saal 500 des Krimi­nal­ge­richts Moabit. Im Zuge dieses Straf­pro­zesses wurde Teufel im Dezember 1967 vom Richter aufge­for­dert, sich zu erheben. Erst weigerte er sich, um dann auf Drängen des Rich­ters doch aufzu­stehen, mit dem legendär gewor­denen Satz „Wenn’s denn der Wahr­heits­fin­dung dient.“ Teufel und Lang­hans wurden im März 1968 frei­ge­spro­chen, weil das Gericht das Flug­blatt als Satire akzep­tierte.

Am ersten Tag des Prozesses brachte die Kommune 1 ein Flug­blatt heraus, das hier doku­men­tiert wird – Fehler inklu­sive:

ZUHÖREN - Ihr Murmelgreise und Schleimscheisser des "Rechts"!
ZUHÖREN - Ihr Branstiftersoldaten und Feuerwehrsoldaten!
Ihr dachtet wohl, den Fritz und den Rainer würdet Ihr fertigmachen können. Sieben von uns, da habt Ihr recht, das hätte ja nur mit vorzeitiger Pensionierung enden können. Die wagten ja nicht mal, uns in den Zuschauerraum zu lassen. Die bezahlten Dauerrentner mit Anspruch auf lebenslänglichen Platz in den Opern füllten die Bänke, und die Tribüne - die wurde schon gar nicht aufgemacht, da hätte man ja gleich auf die Duckmäuser hinunterspucken können.
Ihr zittert ja richtig!
Aber das ist noch garnichts:
Wir werden Euch die Ohren abschneiden, Ihr Rechtsdiener, und die Hoden, die Finger absägen und die Augen ausstechen - und vorher foltern wir Euch noch so richtig feste. Das kommt Euch doch sicher bekannt vor - oder? Vietnam, da steckt Ihr doch mit unter der Decke oder bestreitet Ihr das? Wir werden sie Euch wegziehen, die wärmende Decke, da wirds Euch kaltwerden und die Arme und Beine werden hervorschauen und die werden wir abhacken, durchstechen, rösten, vierteilen, abhäuten und den Geiern zum Frass vorwerfen. Das gibt ein Schlachtfest, wenn die Decke ganz weg ist. Da wird es erst spritzen, das Blut, Talare als Aufwischlappen, und Euer Geheul wird unsere Tanzmusik.
Wir werden brüllen vor Lachen.
Macht ruhig weiter, so "Im Namen des Volkes" und so. Wir werden in Tegel eben Gegenuniversität machen. Wir haben schon 200 Rückmeldungen und die Dozentenstellen sind besetzt.
Endlich schreitet die Hochschulreform voran.
BLEIBT NICHT ZURÜCK!
Kommune I, am 1. Tag der Moabiter Seifenoper, Berlin, den 6. Juli 1967

Foto: Stif­tung Haus der Geschichte / CC-BY-SA‑2.0


[ Artikel drucken oder PDF ]