Älteren BerlinerInnen ist das Ballhaus Tiergarten noch ein Begriff. Mehrere Jahrzehnte lang diente es der Unterhaltung, nicht nur der Moabiter Bevölkerung. Und doch war dies nur ein Ausschnitt ist seiner wechselvollen Geschichte.
Begonnen hatte es zu der Zeit, als im östlichen Moabit das preußische Militär zuhause war. Auf dem Grundstück Perleberger Straße 62 wurde 1880 mitten in einem kleinen Park ein Offizierskasino errichtet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das einstige Kasino zum „Volkshaus Tiergarten“, benannt nach dem damaligen Bezirk. Hier fanden Vergnügungsveranstaltungen und politische Versammlungen statt. 1949 gab es den Plan eines sozialdemokratischen Begegnungszentrums, es wurden sogar schon Genossenschaftsanteile verkauft. Zur gleichen Zeit strebte die Mehrheit der Bezirksverordneten in Tiergarten an, dort ein bezirkliches Kulturhaus einzurichten. Doch aus beiden Vorhaben wurde nichts.
Stattdessen ist das Kasino 1951 zu einer Gaststätte umgebaut worden. 1952 errichtete man eine Bühne auf rechteckigen Pfeilern sowie eine Rampe zwischen Auffahrt und Bühneneingang. Und immer noch gab es auch politische Veranstaltungen, teilweise auch von „alten Kameraden“. Im Mai 1953 kam es dabei zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, weil Antifaschisten die Veranstaltung von Veteranen der Berliner „Bären-Division“ verhindern wollten, einer Wehrmachtseinheit, die in der Ukraine gewütet hatte. Im gleichen Jahr forderte die „Landsmannschaft Ostpreußen“ die Rückgabe der alten Ostgebiete. 1955 musste die Polizei erneut eingreifen, weil Kommunisten und Alt-Faschisten am Volkshaus aufeinandertrafen. Offenbar ist der Ort bei Rechtsradikalen beliebt, denn unmittelbar daneben, im Garten der Perleberger Straße 62 A, feierte die AfD im Sommer 2020 ein Sommerfest – wieder unter dem Schutz der Polizei. Denn auch diesmal waren AntifaschistInnen vor Ort, um gegen das Treffen zu protestieren.
Weil das Volkshaus immer wieder für Feste vermietet wurde, erhielt es 1964 ganz offiziell den Namen „Ballhaus Tiergarten“. Um 1980 zog eine Diskothek ein, die es bis 1988 bespielte. Nun hatten Investoren sowie eine Supermarktkette ein Auge auf das Ballhaus geworfen, aber das Bundesfinanzministerium als Eigentümer verlangte mit 6 Millionen DM mehr, als die Interessenten zahlen wollten. 1989 diente es kurzzeitig zur Versorgung von Flüchtlingen, dann als Probebühne des Schiller-Theaters.
Von 1993 bis 2000 stand das Ballhaus Tiergarten nicht nur leer, sondern mittlerweile auch unter Denkmalschutz. Dann verkaufte der Bund Grundstück und Gebäude für nur noch 2 Millionen. Die Republik Usbekistan ließ es bis 2001 sanieren und nutzt es seitdem als Botschaft. Versteckt hinter einem Zaun und Bäumen führt das einstige Ballhaus Tiergarten, von außen fast unbemerkt, nun ein ruhiges Leben.