Die Grenze

Grenzübergang Invalidenstraße, 1987

Moabit hatte von 1949 bis 1990 eine Grenze nach Ost-Berlin, in den dama­ligen Stadt­be­zirk Mitte. Obwohl der Stadt­teil mitten in Berlin liegt, war er damals an den Rand gedrängt, Grenz­ge­biet.

Vom Nord­hafen aus verlief die Grenze entlang des Berlin-Span­dauer Schiff­fahrts­ka­nals und am Humboldt­hafen weiter zur Spree. Während der Teilung Berlins lagen Kanal und Hafen zwar scheinbar auf West-Berliner Gebiet, weil die Mauer am anderen Ufer stand. Tatsäch­lich verlief die eigent­liche Grenze aber bereits am Moabiter Ufer.

Am 24. August 1961, elf Tage nach dem Mauerbau, versuchte der Ost-Berliner Günter Litfin am Humboldt­hafen nach West-Berlin zu schwimmen. Der 24-Jährige wurde jedoch von Grenz­sol­daten erschossen und war damit das erste Mauer­opfer in Berlin. An ihn erin­nert bis heute ein Gedenk­stein vor Ort am Alex­an­de­rufer.

Am 24. Mai 1962 gab es ein weiteres Todes­opfer, diesmal traf es einen der Grenz­sol­daten. Als ein 14-jähriger Ost-Berliner gegen­über des Inva­li­den­fried­hofs durch den Kanal flüch­tete, begann der Soldat Peter Göring auf ihn zu schießen. West-Berliner Poli­zisten gaben dem Jungen daraufhin Feuer­schutz, wobei der 21-jährige Göring getroffen und getötet wurde.

An der Inva­li­den­straße hatte Moabit auch einen Grenz­über­gang nach Mitte. Er gehörte zu den wich­tigsten, über den West-Berliner mit dem Auto die Grenze passieren konnten. Und auch viele DDR-Rentner und ostdeut­sche Geschäfts­rei­sende nutzten ihn, wenn sie in die West-Berliner City wollten. Und durften. Dieser Grenz­über­gang befand sich unmit­telbar hinter der Sand­krug­brücke. Der nahe Lehrter Stadt­bahnhof war eben­falls eine Grenz­sta­tion. Von hier fuhren die S‑Bahnen noch ein paar hundert Meter weiter auf Ost-Berliner Gebiet bis zum Bahnhof Fried­rich­straße. Dieser war innen herme­tisch in zwei Bereiche aufge­teilt, dazwi­schen, also mitten­drin, gab es einen Grenz­über­gang. Bevor nun ein S‑Bahn-Zug den Lehrter Bahnhof Rich­tung Mitte verließ, gab es jedes Mal erst eine Laut­spre­cher­durch­sage, dass dies der letzte Bahnhof in West-Berlin sei. Geflüch­tete DDR-Bürger, Agenten oder Flucht­helfer sollten so gewarnt werden, damit sie nicht aus Versehen auf Ost-Berliner Gebiet fahren und dort even­tuell fest­ge­nommen werden. Auch die Zugführer wurden ausge­tauscht, die Strecke zum Bahnhof Fried­rich­straße musste durch einen DDR-Reichs­bahner gefahren werden. Wenn der Zug dann wieder zurückkam, wurde erneut gewech­selt.

Foto: Roeh­rensee, CC-BY-SA 3.0

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