Zwangsarbeit in der NS-Zeit

Französische Zwangsarbeiterinnen, 1943 bei Siemens

In der Reichs­haupt­stadt Berlin, die während der NS-Zeit ein zentraler Rüstungs­standort war, wurden während des Zweiten Welt­kriegs über 500.000 Menschen durch Zwangs­ar­beit ausge­beutet. Dies entsprach etwa 15 Prozent der Bevöl­ke­rung und ca. 20 Prozent aller Beschäf­tigten in Berlin. Die Zwangs­ar­beiter waren zum einen deut­sche Juden sowie Gefan­gene, vor allem aus Polen, der Sowjet­union und vom Balkan. Aber auch verschleppte Zivi­listen aus den Nieder­landen, Frank­reich, Polen und zahl­rei­chen anderen Ländern. Die meisten von ihnen wurden entweder gar nicht bezahlt oder mit wenigen Reichs­mark abge­speist.

Auch in Moabit wurden Zwangs­ar­bei­te­rInnen einge­setzt. An mindes­tens 35 Orten im ganzen Stadt­teil waren sie unter­ge­bracht oder mussten dort arbeiten, z.B. in den Fabriken von ADREMA in der Alt-Moabit 62, AEG in der Bremer Straße 72 (87 Arbeiter) oder im Röhren­werk Tele­funken in der Wiebe­straße 28 (268).

Viele bis heute bekannte Unter­nehmen und zahl­reiche Adressen sind mit dem Elend der Zwangs­ar­beiter verbunden. Die Bewag (Alt-Moabit 14) hatte über 300 in ihrem Betrieb, gegen­über in der Nummer 138 beutete die Baufirma Polensky & Zöllner 90 Zwangs­ar­beiter aus. In der Strom­straße 36 (Siemens Schu­ckert­werke): 40 Arbeiter. Weitere 180 in der Wiclef­straße 24. In der Hutten­straße 17–20: 440 Zwangs­ar­beiter.

Unter­ge­bracht waren viele von ihnen auf dem Gelände des heutigen Groß­markts Beus­sel­straße. Allein im soge­nannte Russen­lager von Tele­funken und der Gebau­erwiese von Siemens & Halske waren 1.700 Menschen einge­sperrt. Ein weiteres Lager lag auf einem Grund­stück Sickin­gen­straße / Wiebe­straße. Wieviel im Kriegs­ge­fan­ge­nen­lager Alt-Moabit 69 an der Gotz­kow­sky­straße lebten, ist nicht bekannt.

Klar ist, dass nicht nur die Depor­ta­tionen der Jüdinnen und Juden vor aller Augen passierte, sondern auch, dass die Zwangs­ar­bei­te­rinnen und ‑arbeiter für alle offen ausge­beutet wurden. Die Lager waren bekannt und die Menschen selber arbei­teten unüber­sehbar in den großen Betrieben. Auf Luft­auf­nahmen aus der Zeit sind an manchen Lagern soge­nannte Split­ter­gräben erkennbar – völlig unzu­rei­chende Schutz­maß­nahmen gegen Flie­ger­bomben. Einen Schutz gab es für die Zwangs­ar­beiter also nicht.

Doku­men­ta­ti­ons­zen­trum Zwangs­ar­beit

Veran­stal­tung zu Zwangs­ar­beit in Mitte und Moabit, 19. Mai 2022 im Mitte Museum:

Foto: Bundes­ar­chiv, Bild 102–16504, CC-BY-SA 3.0


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