Kriminalgericht

Das Krimi­nal­ge­richt Moabit ist das größte seiner Art in ganz Europa. Der Name bezieht sich aller­dings nur auf das Gebäude, denn eine Instanz “Krimi­nal­ge­richt” exis­tiert gar nicht. Statt­dessen sind hier die Straf­kam­mern des Land­ge­richts Berlin und des Amts­ge­richts Tier­garten unter­ge­bracht. Außerdem ein Groß­teil der Berliner Staats­an­walt­schaft.

Das Gerichts­ge­bäude ist in vielerlei Hinsicht beson­ders. Zum einen, weil es unmit­telbar an das Unter­su­chungs­ge­fängnis grenzt. Inner­halb des über 200 Meter langen Hauses ziehen sich zahl­reiche versteckte Gänge hinter Wänden und in Zwischen­etagen durch das Gebäude. Auf diese Weise ist es möglich, Gefan­gene direkt in Gerichts­säle zu bringen, ohne dass sie zuvor durch den öffent­li­chen Bereich des Gerichts müssen. In der ersten Etage sowie seit dem Jahr 2020 auch auf einem der Höfe gibt es spezi­elle Hoch­si­cher­heits­säle. Dort sitzen die Ange­klagten z.B. hinter Panzer­glas und in der Regel gibt es zusätz­liche Kontrollen der Besu­che­rInnen.

Beson­ders ist auch, dass der Turm an der Ecke zur Rathe­nower Straße einen großen Wasser­be­hälter aus Kupfer enthält. Dieser diente anfangs zur Versor­gung des Gebäudes. Tech­nisch war der neoba­rocke Bau zu seiner Errich­tung im Jahr 1906 hoch­mo­dern. Es besaß ein eigenes Kraft­werk, Zentral­hei­zung und eine Tele­fon­an­lage.

Das monu­men­tale Trep­pen­haus hat die Wirkung, die Besu­che­rInnen und beson­ders natür­lich die Ange­klagten einzu­schüch­tern. Nach Betreten des Haupt­ein­gangs fühlt man sich als Mensch sehr klein, ernied­rigt. Der Leitende Staats­an­walt bezeich­nete die Archi­tektur des Gebäudes im Jahr 2000 als „kaiser­li­cher Faust­schlag ins Gesicht der Moabiter Arbei­ter­klasse“.

Altes Gerichts­ge­bäude
Alt-Moabit / Rathe­nower Straße

Dies gilt auch für den ersten Bau, der sich an der Ecke Alt-Moabit und Rathe­nower Straße befunden hat. Er wurde 1882 eröffnet, etwas weniger monu­mental. Dieses Gebäude soll das erste in Berlin gewesen sein, das eine elek­tri­sche Strom­ver­sor­gung erhalten hat. Im Zweiten Welt­krieg wurde es zerstört und später abge­rissen.

Heute arbeiten im Krimi­nal­ge­richt rund 2.000 Personen, darunter 240 Richter und 300 Staats­an­wälte. Täglich besu­chen um die 2.000 Menschen die Prozesse – manche als Zuschauer, andere als Zeugen. Rund 60.000 Straf­ver­fahren werden im Jahr hier abge­wi­ckelt, nicht alle jedoch in öffent­li­cher Verhand­lung. Dazu kommen doppelt so viele Straf­be­fehle, Voll­stre­ckungen und Bußgeld­sa­chen.

Berühmte Ange­klagte waren Wilhelm Voigt, bekannt als Haupt­mann von Köpe­nick, der Kauf­haus­er­presser Arno Funke alias Dago­bert und die DDR-Funk­tio­näre Erich Honecker und Erich Mielke. Außerdem Terro­risten, die an Anschlägen gegen die Disko­thek La Belle oder das Restau­rant Mykonos betei­ligt waren. Auch Mitglieder der RAF und der Bewe­gung 2. Juni standen in Moabit vor Gericht.

Repor­tage über die Haus­meister im Krimi­nal­ge­richt:

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