Johannes von Reuchlin, * 29.1.1455 (Pforz­heim), + 30.6.1522 (Bad Lieben­zell)
Philo­loge, Huma­nist

Reuchlin war neben Erasmus von Rotterdam der „ante­s­ig­nanus“ der deut­schen Huma­nisten. Studium seit 1470 in Frei­burg und Paris, seit 1474 in Basel (mit Johannes de Lapide), 1477 in Basel Magister. Der Umgang mit byzan­ti­ni­schen Gelehrten in Paris und Basel erschloss ihm das Grie­chi­sche, der mit gelehrten Juden seit 1482 auch das Hebräi­sche. Durch sein gram­ma­ti­ka­lisch-lexi­ka­li­sches Werk „Rudi­menta linguae hebraicae“ wurde Reuchlin 1506 zum Gründer der christ­li­chen Hebraistik. Reuchlin studierte die Kabbala, deren Alter und christ­liche Verwen­dung er aller­dings über­schätzte.
Als Philo­loge und Jurist war Reuchlin ein welt­män­ni­scher Diplomat. Er erwarb 1481 das Lizen­tiat der Rechte in Poitiers. Nach kurzer Vorle­sungs­tä­tig­keit an der Uni Tübingen trat er 1482 in den Dienst des Grafen Eber­hard von Würt­tem­berg, war Orator am Hof der Medici und der Renais­sance­päbste. Reuchlin wurde zum wich­tigsten Reprä­sen­tanten des (italie­ni­schen) Plato­nismus nörd­lich der Alpen.
1496 musste Reuchlin nach Heidel­berg fliehen, dort begeg­nete er dem Huma­nisten Jakob Wimpf­eling. Seit 1500 wirkte er wieder in Stutt­gart. Er wurde Richter der Schwä­bi­schen Liga (1502–13). 1520–21 war er Professor in Ingol­stadt und 1521–22 in Tübingen.
Reuch­lins Nach­ruhm beruht weniger auf seinem lite­ra­ri­schen Werk, als auf seinem tragi­schen Lebens­kampf. Er gilt als Anwalt des humanen „Gewis­sens“. Die latente Juden­frage des Mittel­al­ters, durch den Konver­ti­ten­eifer des 1505 in Köln getauften Juden Pfef­fer­korn radi­ka­li­siert (dieser plädierte für die Verbren­nung aller hebräi­schen Bücher), hatte Reuchlin 1510 in einem vertrau­li­chen Gutachten an den Kaiser im Sinn der weit­ge­henden jüdi­schen Mitbür­ger­schaft human und unter Beru­fung auf das römi­sche und geist­liche Recht zu lösen versucht.
Die Angriffe Pfef­fer­korns auf Reuchlin führten 1511 zu einem kirch­li­chen Prozess gegen den Laien­theo­logen Reuchlin, der vorerst zu seinen Gunsten ausging. Der „Reuch­l­in­handel“ endete erst im Juni 1520 mit der päpst­li­chen Verur­tei­lung, vor allem unter dem Eindruck der Witten­berger Ereig­nisse, obwohl sich Reuchlin von der Sache Luthers distan­ziert hatte.

Die Straße wurde um 1899 ange­legt und benannt.

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