Chris­tian Thoma­sius, * 1.1.1655 (Leipzig), + 23.9.1728 (Halle/​Saale)
Philo­soph, Jurist

Thoma­sius kämpfte zur Zeit der Aufklä­rung für die Frei­heit des Selbst­den­kens, gegen Hexen­wahn und Folter im Gerichts­pro­zess.
Nachdem er Magister der Philo­so­phie geworden war, studierte Thoma­sius in Leipzig die Rechte und promo­vierte 1697 zum Dr. juris. Aufsehen erregte er 1687 an der Leip­ziger Univer­sität mit einem Verstoß gegen die dama­lige Tradi­tion, Vorle­sungen in latei­ni­scher Sprache abzu­halten. Er war der Erste, der in einem deut­schen Hörsaal deutsch gespro­chen hat. Doch erst 1711 hat sich die deut­sche Sprache in den Vorle­sungen wirk­lich durch­ge­setzt. Diese Maßnahme ebnete dem Bürgertum den Weg in die Aufklä­rung, da jetzt auch Unge­lehrte Zugang zum Wissen erhielten.

Darüber hinaus betä­tigte sich Thoma­sius als Publi­zist und Verleger. In seiner ab 1688 heraus­ge­ge­benen Zeit­schrift „Teut­sche Monate“ griff er die Heuchelei der Recht­gläu­bigen, den scho­las­tisch über­al­terten Univer­si­täts­be­trieb sowie den fürst­li­chen Poli­zei­staat an. Die „Teut­schen Monate“ erschienen zwei Jahre lang. Schließ­lich wurde Thoma­sius auf Betreiben der Geist­lich­keit und seiner Juris­ten­kol­legen wegen seiner aufklä­re­ri­schen Gesin­nung aus Leipzig entfernt. Als Vorwand nannte man ein Gutachten, worin er die refor­miert-luthe­ri­sche Mischehe zwischen fürst­li­chen Personen für einwand­frei erklärte. Das brachte ihm den Vorwurf der Glau­bens­schän­dung ein. Endlich fand man einen Grund, um den unge­liebten Rechts­phi­lo­so­phen aus dem Amt zu entlassen.
1690 verließ Thoma­sius Leipzig und siedelte nach Halle über. Hier war er maßgeb­lich am Aufbau der 1694 gegrün­deten Fried­richs-Univer­sität betei­ligt. Die Stadt wurde unter seinem Einfluss ein Zentrum der Aufklä­rung und des Pietismus von inter­na­tio­nalem Ansehen. Später nahm Thoma­sius Abstand zu der pietis­ti­schen Fröm­mig­keits­be­we­gung, deren feind­liche Einstel­lung gegen­über welt­li­chen Freuden er ablehnte.
Chris­tian Thoma­sius zeigte 1705 sein philo­so­phi­sches und rechts­wis­sen­schaft­li­ches Verständnis, als er ein Recht ohne reli­giösen Bezug forderte. Sein großes Verdienst auf recht­li­chem Gebiet besteht darin, dass er positiv auf die Abschaf­fung der Folter einge­wirkt hat. Bereits 1705 bezeich­nete Thoma­sius in einer Dispu­ta­tion die Folter als Schmach christ­li­cher Staaten. Die Forde­rungen des im Zeichen der Aufklä­rung wirkenden Rechts­ge­lehrten trug zunächst in Preußen Früchte: 1740 wurde dort die Folter abge­schafft.
Darüber hinaus sagte er dem Hexen­wahn den Kampf an. Im Gegen­satz zu früheren Gegnern der Hexen­ver­fol­gungen stellte er den Glauben an den Teufel in Frage. Damit entzog er dem Hexen­wahn, der auf der Vorstel­lung des Teufels­paktes beruhte, die Grund­lage. In der Disser­ta­tion De crimine magiae (1701), die in deutsch als „Kurze Lehr­sätze von dem Laster der Zauberey“ 1703 erschien, forderte er die Abschaf­fung der Hexen­pro­zesse, da die Hexerei für ihn nur ein fiktives Verbre­chen darstelle. Thoma­sius wollte darin dieje­nigen beschämen, die den Glauben an den Einfluss des Teufels auf die Menschen predigten und diesen gleich­zeitig vom Ursprung des Chris­ten­tums ablei­teten. Geschickt wies er darauf hin, dass sich der Glaube an den Teufel und die Möglich­keit von einem Bündnis mit Satan erst seit dem 13. Jahr­hun­dert in der christ­li­chen Kirche etabliert hat. Thoma­sius führte aber nicht nur den Glauben an einen Pakt mit dem Teufel ad absurdum, sondern er wehrte sich dagegen, dieje­nigen zu verur­teilen, die die Exis­tenz eines Teufels, der die Menschen zu allerlei Schaden anstiftet, leugnen:

„Denn so ferne es nicht folgt/​daß/​ wenn ich einen Gott glaube/​ich auch nothwendig einen Teuffel glauben muß/​also folgt hinwieder keines­wegs nicht/​daß/​ da ich einen Teuffel leugne/​ich auch nothwendig Gott und seine Exis­tenz leugnen muß“
„Zu was nützet denn also das Bündniß auff Seiten des Teuf­fels?“
„Denn wenn gar keine Hexen und Zauberer sind, so kan auch niemand mit denselben einige Gemein­schafft haben.“

Die Straße wurde um 1901 ange­legt und benannt.

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