Gedenkort Güterbahnhof Moabit

55.000 Berliner Juden und Jüdinnen wurden während des Faschismus ermordet. Die meisten sind zuvor in Konzen­tra­ti­ons­lager depor­tiert und dort umge­bracht worden. Der größte Depor­ta­ti­ons­bahnhof war der in Moabit. Hier wurde der mili­tä­ri­sche Teil des Güter­bahn­hofs, etwa zwischen Perle­berger und Rathe­nower Straße, für die Depor­ta­tionen genutzt. Die meisten Züge fuhren nach Ausch­witz, Riga oder There­si­en­stadt. Mindes­tens 30.000 Menschen sind von hier aus in den Tod geschickt worden.

Nach der Befreiung vom Faschismus hat sich viele Jahre niemand darum geküm­mert, an diesen Ort des Schre­ckens zu erin­nern. Erst 1987, also 42 Jahre nach dem Ende der Nazi­herr­schaft, wurde auf der Putlitz­brücke ein Denkmal aufge­stellt. Es wurde 1987 von Volkmar Haase geschaffen, mit abge­bro­chener Treppe und Inschrift. Aufgrund der Teilung Berlins lagen die Bahn­an­lagen damals in der Verwal­tung der DDR, deshalb konnte es nicht am origi­nalen Depor­ta­ti­onsort errichtet werden. Doch auch nach dem Fall der Mauer dauerte es nochmal mehr als ein Vier­tel­jahr­hun­dert, bis 2016 endlich ein Wett­be­werb für einen Gedenkort an der tatsäch­li­chen Stelle der Depor­ta­tionen ausge­lobt wurde. In den Jahren zuvor hatten sich immer wieder einzelne Gruppen, Personen und auch das Bezirksamt darum bemüht, einen Gedenkort an der Stelle zu schaffen, von dem die Züge in die KZs abfuhren.
Mitt­ler­weile wurde quer durch den eins­tigen Güter­bahnhof eine Umge­hungs­straße gebaut, die nach Ellen Epstein benannt wurde – eine Künst­lerin, die 1942 von eben diesem Ort depor­tiert und kurz danach umge­bracht wurde.

Schau­kasten vor dem Rathaus Tier­garten
mit der Forde­rung für einen Gedenkort

2015 stellte der Verein Sie waren Nach­barn ein 5 Meter breites Schild an der neu gebauten Straße auf, um darauf hinzu­weisen, was an diesem Ort geschehen ist. Das Schild wurde immer wieder vermut­lich von Anti­se­miten beschmiert und einmal zerstört.

Im Jahr 2017 entstand dann endlich ein Gedenkort. Einge­klemmt zwischen Discounter und Baumarkt wurde ein Gleis frei­ge­legt, das jedoch aus der Nach­kriegs­zeit stammt. Nur eine Bahn­steig­kante ist noch original erhalten. Die bestehenden Bäume auf dem Gelände wurden abge­holzt, um an glei­cher Stelle 20 neue zu pflanzen. Diese bilden heute das Zentrum des Gedenk­ortes, der jedoch kaum als solcher wahr­ge­nommen wird. An der Ellen-Epstein- sowie der Quit­zow­straße wurden erklä­rende Stelen aufge­stellt.
Die Einschät­zung über die Qualität des Gedenk­ortes gehen weit ausein­ander. Während die einen ihn als akzep­tabel bezeichnen, halten andere ihn für miss­lungen, weil er nicht wirk­lich ange­messen die Grau­sam­keiten darstellt, die hier geschehen sind. Im Gegen­satz zum Gedenkort im Grune­wald oder auch dem Denkmal in der Levet­zow­straße ist der am Güter­bahnhof Moabit leider sehr unauf­fällig und nichts­sa­gend.

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