In den 1950er Jahren waren West- und Ost-Berlin zwar politisch, aber noch nicht durch eine Mauer getrennt. In dieser Zeit gab es eine massive Propaganda beider Seiten. Die „Freie Deutsche Jugend“ (FDJ) war die Jugendorganisation der SED in Ost-Berlin und arbeitete auch im Westteil der Stadt.
1958 gab es eine Propagandaaktion, bei der in Moabit Flugblätter der FDJ in die Briefkästen gesteckt wurden, so in der Bandelstraße 24. Darin wird angeprangert, dass in West-Berlin und der Bundesrepublik zahlreiche Personen tätig sind, die schon in der NS-Zeit z.B. als Richter oder Militärs aktiv waren. Sie würden nun auch in faschistischen Gruppen und „Traditionsvereinen“ ihre politische Arbeit fortsetzen.
Das war sicher realistisch. Gleichzeitig aber stellte die FDJ natürlich ihre Seite als rein friedliebend und demokratisch dar. In dem Flugblatt wird vom Abgeordnetenhaus aufgefordert: „Verbot aller faschistischen und militaristischen Traditionsverbände und Organisationen wie Stahlhelm, HIAG usw.“ Dazu ist es jedoch nie gekommen, tatsächlich haben ehemalige NSDAP-Mitglieder noch mehrere Jahrzehnte in der westdeutschen Politik, Wirtschaft und der Bundeswehr eine Rolle gespielt. Die im Flugblatt zitierte HIAG (ehemalige Mitglieder der Waffen-SS) löste sich 1992 auf, der „Stahlhelm – Kampfbund für Europa“ sogar erst im Jahr 2000.
Zum Zeitpunkt der Verbreitung des Flugblatts 1958 war die FDJ in der Bundesrepublik bereits seit vier Jahren verboten. In West-Berlin jedoch konnte sie als FDJW legal weiterbestehen, ab 1980 als SJV Karl Liebknecht bis zum Ende der DDR.