Ich bin meistens immer gegangen zur Turmstraße, Ecke Wilsnacker, das hieß BTL. Das lag hinten im Hof, man kam von der Turm- und von der Wilsnacker Straße rein. Ich weiß nicht, ob es das heute noch gibt, es kann ja sein, dass es nicht mehr existiert. [Es wurde 1982 abgerissen].
Soweit ich mich erinnern kann, war es das einzige, was schon vor dem Ersten Weltkrieg als Kino gebaut worden ist. Das Bolle-Kino war eine Kirche – die hatte Bolle gebaut für seine Beschäftigten, die mussten da hingehen, war, glaube ich, bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. Oder das Hansakino, heute Hansa-Theater. Das Gesellschaftshaus in der Wiclefstraße oder in der Stendaler Straße, das waren frühere Tanzsäle, die alle zu Kinos gemacht wurden. Zum größten Teil wurden die nach dem 1. Weltkrieg umgebaut. Früher war die Hauptbeschäftigung der jüngeren Leute, dass sie sonnabends, sonntags eben tanzen gingen.
Damals, Anfang der 20er Jahre, gingen die Leute alle plötzlich ins Kino, da war die Nachfrage so groß, und es war wirklich so, wenn sie sonnabends oder sonntags ins Kino wollten und sich keine Karten vorher geholt hatten, dann kamen sie einfach nicht rein. Obwohl immer drei Vorstellungen waren, manchmal auch vier. Fünf, sieben und neun oder drei, fünf, sieben und neun Uhr.
Meine Eltern sind nie zusammen ins Kino gegangen. Mein Vater hatte nichts übrig für Kino, der war immer so engagiert für alles mögliche, da hatte er für Kino gar keine Zeit. Und wenn, dann ging meine Mutter mal mit uns, alleine ist sie nie gegangen.
Wir haben uns immer ausgesucht, was es gab. Habe alles mögliche gesehen. Zuerst waren es alles noch Stummfilme. Bestimmte Schauspieler hatte ich gar nicht. Es gab ja damals einen Film, „Revolte im Erziehungshaus“, nach einem Theaterstück gemacht, das gab es damals schon als Film, als Stummfilm noch. Sowas hatte mich interessiert, bin ich hingegangen, habe ich mir angesehen. Oder wir haben uns reine Unterhaltungsfilme angesehen.
Nachher, als der Tonfilm aufkam, ich weiß, mein allererster Tonfilm, den ich sah, war der mit Al Johnson, den gab es schon 1928, ehe hier die deutschen Filme rauskamen. Da hatten sie in der Zwischenzeit das UFA Turmstraße, Ecke Stromstraße gebaut gehabt, und das hatte schon eine Einrichtung für Ton, die anderen hatten das ja alle noch gar nicht. Und da spielten sie das.
Und der erste deutsche Tonfilm, den ich gesehen habe, war „Die Nacht gehört uns“, mit Hans Albers und Charlotte Ander, glaube ich. Bald danach den ersten Film vom Untergang der Titanic, „Atlantis“ oder „Atlantik“ hieß der, mit dem Fritz Kortner und der Johanna Hofer, der Lucie Mannheim, dem Willi Forst schon, als ganz junger Mann, und dem Lederer, Josef Lederer, der nachher nach England gegangen ist. Das war auch einer der allerersten Tonfilme, die es damals gab. Da sind wir schon interessehalber hingegangen, wie das nun so ist. Außerdem war das wirklich ein guter Film. Haben sie ja jetzt noch irgendwann gespielt.
Und außerdem bin ich immer ins Theater gegangen. Ich war Mitglied der Volksbühne schon damals als 16–17-Jährige, als ich mein erstes eigenes Geld verdiente. Die Volksbühne war ja da, wo sie heute noch steht, am damaligen Bülowplatz, heute ist es Rosa-Luxemburg-Platz. Die hatten aber auch im Jahr eine Oper dabei. Und dann war in der damaligen Alten Jakobstraße und Wallnertheaterstraße, da waren so eine ganze Reihe Theater, Wallnertheater, Zentraltheater, Thalia-Theater und so weiter, die mehr oder weniger Volksstücke und so was alles spielten. Das kam zuerst 80 Pfennig, später 1 Mark für eine Karte, und dann wurden, wie es heute noch üblich ist, die Plätze gezogen, ausgelost.
Hildegard Schönrock: Wir kamen gerade so hin
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