Die Judenwiese

Das Gebiet im Spree­bogen südlich der Levet­zow­straße, zwischen Hansa­brücke und Gotz­kow­sky­brücke, bestand früher nur aus sump­figen Wiesen. Nachdem der Kurfürst 1751 dem Schutz­juden Benjamin Elias Wulff die Geneh­mi­gung erteilte, hier die Bleiche für seine am gegen­über­lie­genden Ufer errich­tete Kattun­fa­brik anzu­legen, bürgerte sich der Name “Juden­wiesen” ein.
Die Fabrik am südli­chen Ufer wurde von den Enkeln Wulffs 1806 aufge­geben und das Gelände an den Staat verkauft. Dieser ließ bis 1816 die Gebäude abbre­chen und verkaufte die gesamte “Juden­wiese” um 1823 an den Bankier David Schickler Junior, der es aber in den folgenden Jahren wiederum verkaufte, u.a. an den Berliner Arzt Ferdi­nand Spiecker­mann. In der Stra­ßen­karte von 1862 ist das Gelände schon parzel­liert und wird später, bis auf einen kleinen Streifen nörd­lich der Spree, bebaut.
Die Straßen des Vier­tels wurden im Jahr 1901 fertig­ge­stellt und erhielten ihre noch heute gültigen Namen.
Die 1902 errich­tete, aber erst 1907 eröff­nete Achen­bach­brücke verband die Wullen­we­ber­straße mit der Straße zum Sieg­munds Hof in Tier­garten.
Das Gebiet wurde 1904 von der Neue Berliner Grund­stücks-Akti­en­ge­sell­schaft erworben, die sich aus mehreren bereits zuvor hier tätigen Immo­bi­lien- und Akti­en­ge­sell­schaften grün­dete. Die Akti­en­ge­sell­schaft wurde 1924 aufge­löst, befand sich seitdem in Liqui­da­tion und wurde im Akti­en­hand­buch von 1943 immer noch aufge­führt.

Nach dem Zweiten Welt­krieg war die Brücke zerstört und die Häuser lagen in Schutt und Asche. An der Wullen­we­ber­straße standen Nissen­hütten (runde Well­blech­hütten) als Notun­ter­künfte. Für die Bevöl­ke­rung wurde auf dem nun “Wullen­we­ber­wiese” genannten halb­runden Gelände ein öffent­li­cher Sport­platz ange­legt. Das erste Sport­fest dort fand im Mai 1954 statt. 1956 wurde anstelle der ehema­ligen Brücke ein Fußgän­ger­steg (Wullen­we­ber­steg) über die Spree gebaut.
Im September 1986 ist die drei­fach teil­bare Sport­halle des Guts­muths-Sport­ver­eins “Wulle” mit 350 Quadrat­meter Fläche eröffnet worden. Ursprüng­lich sollte ein noch viel größeres und mehr als dreimal so teures Sport­zen­trum mit Schwimm­halle und Sport-Kinder­ta­ges­stätte errichtet werden, doch einer Bürger­initia­tive gelang es, im Laufe einer wech­sel­vollen elfjäh­rigen Planungs- und Plan­än­de­rungs­phase, dies Groß­pro­jekt zu verhin­dern. Die Bürger befürch­teten, über­fahren zu werden vom Verkehr der aus ganz Berlin herbei strö­menden Sportler und monierten die “Millionen, die nur für das Vergnügen eines Sport­ver­eins ausge­geben werden, während Geld für Kitas und Kran­ken­häuser fehlt”.

Zainab A. Müller

Foto: Post­karte von 1922. Dort exis­tiert nur noch der südliche Teil der Juden­wiese. Der Rest ist bereits bebaut.

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