Den 1873 geborenen Eugen Wolbe verband viel mit Moabit. 1904 wurde er Lehrer in der 5. Realschule (später Fichte‑, Moses-Mendelssohn- und heute Theodor-Heuss-Schule) in der Stephanstraße 2. Parallel zu seiner Lehrertätigkeit war er Herausgeber mehrerer Bücher, verfasste selber Biografien und schrieb eine große Zahl von Aufsätzen in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften.
Obwohl er selber sekular lebte, setzte er sich besonders für das jüdische Selbstbewusstsein ein. Eines seiner wichtigsten Werke war 1937 “Die Geschichte der Juden in Berlin”. Aber nicht immer ging es ganz ernst zu, wie sein Buch “Der Herr Professor beim Kommiß. Ernstes und Heiteres aus der Garnison” beweist.
Am 3. April 1933 wurde Wolbe aufgrund seines jüdischen Glaubens nach 29 Jahren aus dem Schuldienst entlassen. Dies geschah in vorauseilendem Gehorsam, denn das entsprechende Berufsverbot gegen jüdische Lehrer trat erst einige Tage später in Kraft. Mit ihm wurde der ebenfalls jüdische Kollege Moritz Arndt entlassen.
Zu dieser Zeit lebte Wolbe mit seiner Familie in der Dortmunder Straße 11. Fünf Jahre nach seiner Entlassung aus dem Schuldienst starb Wolbe an einem Herzinfarkt. Als Grund wird angegeben, dass er am 22. September 1938 an der Bushaltestelle am Hansaplatz von Nazis bedroht worden war. Eugen Wolbe wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee beerdigt.
An “seiner” Schule in der Stephanstraße ist im April 2003 zur Erinnerung an Eugen Wolbe und seinen Kollegen Moritz Arndt eine bronzene Gedenktafel angebracht worden. Das Besondere an dieser Tafel ist der umlaufende Schriftzug “Gedenke”. Er steht dort in den 28 Sprachen, die die SchülerInnen dieser Schule als Muttersprache haben.
Die Ehefrau Eugen Wolbes, Franziska, lebte nach dem Tod ihres Mannes in der Jagowstraße 1. Von dort wurde sie im August 1942 nach Riga in den Holocaust deportiert. Der gemeinsame Sohn Shlomo (Wilhelm) Wolbe konnte vor den Nazis ins Exil nach Schweden fliehen und wurde dort zum Rabbiner. Er starb im Jahr 2005 im Alter von 91 Jahren.