Evangelische Straßen

Moabit ist einer der protes­tan­tisch-christ­lichsten Stadt­teile Berlins. Zwar gibt es hier ein Katho­li­sches Kloster, eine Hand­voll Moscheen, einen jüdi­schen Verein sowie mit der Christ Embassy eine Kirche im US-ameri­ka­ni­schen Stil. Geprägt aber ist Moabit von der evan­ge­li­schen Kirche bzw. der protes­tan­ti­schen Geschichte: Nicht weniger als 20 Stra­ßen­namen erin­nern an den Kirchen­kampf vor 500 Jahren! In Schö­ne­berg gibt es die Martin-Luther-Straße, benannt nach dem großen Kirchen­re­for­mator und Anti­se­miten. Dafür erin­nern wir in Moabit an viele seiner Verbün­deten, wich­tigen Orte der Refor­ma­tion und an andere, die in diesem Zusam­men­hang stehen:

Johannes Agri­cola war einer der Mitstreiter Martin Luthers. Zusammen mit Philipp Melan­chthon und Johannes Bugen­hagen erar­bei­tete er 1527 die erste Kirchen- und Visi­ta­ti­ons­ord­nung.

Justus Jonas war Professor und Probst an der Schloss­kirche Witten­berg. Mit Luther befreundet, wurde er für diesen bei der Bibel­über­set­zung unent­behr­lich. Er war es auch, der Luther auf den Reichstag nach Worms beglei­tete.

Johannes Calvin erar­bei­tete eine strenge Gemein­de­ord­nung, sie wurde nach jahre­langen Bemü­hungen allge­mein aner­kannt. Der Calvi­nismus ist seitdem ein fest­ste­hender Begriff.

Auch Ulrich von Hutten pran­gerte das welt­liche Auftreten des Priester- und Papst­tums an. Er stellte sich an die Seite Martin Luthers, trotz inhalt­li­cher Diffe­renzen. Hutten sagte gemeinsam mit dem Ritter Franz von Sickingen den “ungeist­li­chen Geist­li­chen” die Fehde an, die bekannt wurde unter dem Begriff “Pfaf­fen­krieg”. Als Schütz­ling Ulrich Zwinglis starb er im Exil auf der Insel Ufenau.

Beein­flusst von Erasmus von Rotterdam und Martin Luther, wandte sich Ulrich Zwingli gegen Miss­bräuche in der Kirche, die Verbind­lich­keit der Fasten­ge­bote und des Pries­ter­zö­li­bats. Er trat ein für die Abschaf­fung der Messe, der Firmung und der Letzten Ölung, Verban­nung von Bild­werken und Musik, Auflö­sung der Klöster.

Erasmus von Rotterdam: Seine grie­chi­sche Ausgabe des Neuen Testa­ments wurde Grund­lage für die Über­set­zung ins Deut­sche von Luther. Er trat ein für das Zusam­men­leben der verschie­denen Reli­gionen unter dem Motto der Gleich­heit.

Der Philo­soph, Huma­nist, Jurist und Diplomat Johannes von Reuchlin galt zusammen mit Erasmus von Rotterdam als wich­tigster euro­päi­scher Huma­nist.

Jürgen Wullen­weber war Kauf­mann in Lübeck, wo er versuchte, die Macht des von Patri­ziern domi­nierten Rats der Stadt zu brechen, was ihm anfangs auch gelang. 1537 wurde er auf Weisung des Bremer Erzbi­schofs fest­ge­nommen, gefol­tert und hinge­richtet.

Adolf Klaren­bach gilt als erster Märtyrer der Refor­ma­tion am Nieder­rhein. Wegen seines Bekennt­nisses zur Refor­ma­tion und des Schriften Martin Luthers wurde er 1529 auf dem Schei­ter­haufen verbrannt.

Die Waldenser waren eine Bewe­gung, die durch die Inqui­si­tion verfolgt wurde, weil sie der Papst­kirche kritisch gegen­über­stand. Sie beein­flussten später auch die evan­ge­li­schen Kirchen der Refor­ma­ti­ons­zeit.

Der Name Union­straße erin­nert an die Protes­tan­ti­sche Union. Darunter versteht man das 1608 geschlos­sene Kampf­bündnis luthe­ri­scher und refor­mierter Fürsten aus Baden und der Pfalz, das als Reak­tion der gewalt­samen Wieder­ein­füh­rung des Katho­li­zismus in der evan­ge­li­schen Reichs­stadt Donau­wörth entstand. In den Folge­jahren schlossen sich zahl­reiche Städte im Deut­schen Reich an.

Philipp Jakob Spener war Propst und Pfarrer an die Nico­lai­kirche, er führte den Konfir­ma­ti­ons­un­ter­richt und die Konfir­ma­tion in Bran­den­burg ein.

Der Publi­zist Chris­tian Thoma­sius kämpfte zur Zeit der Aufklä­rung für die Frei­heit des Selbst­den­kens, gegen Hexen­wahn und Folter im Gerichts­pro­zess. Die Forde­rungen des im Zeichen der Aufklä­rung wirkenden Rechts­ge­lehrten trug zunächst in Preußen Früchte: 1740 wurde dort die Folter abge­schafft.

Bereits im 14. Jahr­hun­dert war John Wiclef Vorre­for­mator und Kirchen­po­li­tiker auf der Seite des engli­schen Königs gegen den Papst. Seine Theo­logie wirkte sowohl auf den böhmi­schen Refor­mator Jan Hus wie auch auf Martin Luther.

Paul Gerhardt war im 17. Jahr­hun­dert einer der bedeu­tendsten evan­ge­li­schen Kirchen­dichter.

Niko­laus Ludwig Reichs­graf von Zinzen­dorf und Potten­dorf grün­dete den Vorläufer der Herrn­huter Brüder­ge­meine, eine reli­giöse und soziale Gemein­schaft, die über den konfes­sio­nellen Gegen­sätzen stehen sollte. Zinzen­dorf unter­nahm weite Reisen, unter anderem nach Russ­land und Amerika, auf denen er zahl­reiche Brüder­ge­meinen grün­dete. Bis nach West­in­dien und Grön­land wurden seine Ideen dieser Gemein­schaften getragen.

Alle Moabiter Stra­ßen­namen

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