Hilfe im Sonnenschein

Es ist ein herr­li­cher Märztag: Zwar halten sich die Tempe­ra­turen nicht daran, was die strah­lende Sonne verspricht, aber man merkt, dass der Früh­ling vor der Tür steht. Auch vor der Tür, aus der eine Mutter mit ihrem kleinen Kind aus dem Haus kommt. Sie haben einen Ball dabei, lachen, gehen damit nebenan in den Fritz-Schloß-Park. Wahr­schein­lich um ein biss­chen zu spielen, kurz nach dem Mittag­essen.
Nur 300 Meter weiter im Haupt­bahnhof kommen andere Mütter aus den Türen eines Zugwag­gons. Auch sie haben kleine Kinder dabei, aber sie lachen nicht. Statt eines Balls tragen sie schwere Taschen, die Kinder haben kleine Ruck­säcke auf dem schmalen Rücken. Sie werden von Menschen ange­spro­chen, die gelben Westen tragen, Helfe­rInnen, die die Fami­lien durch den Bahnhof begleiten. Sie zeigen ihnen den Weg zu den Toiletten, zur Etage mit Hilfs­gü­tern und Lebens­mit­teln, zur Ausgabe der kosten­losen Fahr­scheine, falls sie noch weiter­fahren wollen.
Die hier ankom­menden Menschen haben ihre Heimat verlassen, weil dort Krieg herrscht. Und wissen nicht, ob und wann sie wieder zurück­kehren können. Die Männer dürfen nicht mehr aus der Ukraine heraus, wenn sie zwischen 18 und 60 Jahre alt sind. Nach ein paar Tagen auf der Flucht sind die Mütter und Kinder körper­lich erschöpft. Die Unsi­cher­heit was die Zukunft bringt, vor allem aber die Angst um die zurück­ge­blie­benen Ehemänner, Väter und Brüder, um das bishe­rige Zuhause, sie zehrt an den Kräften. Manche kleinen Kinder weinen, weil sie es nicht verstehen, und die Mütter müssen stark sein, selbst wenn sie es nicht sind.
Krieg ist nicht nur eine große Kata­strophe, sondern es sind ganz viele kleine und die betrof­fenen Menschen sind damit meist allein. Die anderen haben ja ihre eigenen Probleme. Ich freue mich, dass so viele ehren­amt­liche Helfe­rInnen und auch Hilfs­or­ga­ni­sa­tionen vor Ort sind, um den Menschen wenigs­tens ein biss­chen ihrer Last abzu­nehmen.
Sie vermit­teln die Weiter­fahrt, Unter­künfte in Berlin, für einen Tag oder länger. Gestern haben sich in Berlin 500 Arzt­praxen bereit erklärt, die Ukraine-Flücht­linge kostenlos zu behan­deln.
Auf dem Washing­ton­platz, direkt hinter dem Haupt­bahnhof, wurde ein großes Ankunfts­zelt für 1.000 Menschen aufge­baut, in dem heute noch die Arbeit aufge­nommen werden soll. Viel­leicht müssen dann nicht mehr alle zur Ankunfts­sta­tion in Wittenau. Über Tele­gram­gruppen werden Helfe­rInnen koor­di­niert – leider teil­weise nur auf englisch, so dass manche poten­zi­elle Helfer ausge­schlossen sind. Insge­samt läuft die Hilfe aber besser als im Spät­sommer 2015, als Hunderte von Flücht­lingen im Kleinen Tier­garten und dem Moabiter Lageso-Gelände tage­lang im Freien kampieren mussten. Und dies, obwohl derzeit rund 10.000 Menschen am Tag in Berlin ankommen.

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