
Während der Industrialisierung und dem ungebändigten Wachstum der Stadt strömten auch viele junge Männer aus der Provinz nach Berlin, um hier zu arbeiten. Wohnungen gab es für sie kaum und so mussten sie sich Schlafplätze bei Familien suchen. Sie nutzen stundenweise die Betten, während z.B. die Männer in der Schichtarbeit waren. Außer der Toilette durften sie die anderen Räume nicht nutzen. Allein für Berlin wird geschätzt, dass es um das Jahr 1900 herum um die 110.000 sogenannte Schlafburschen (und auch manche Schlafmädchen) gab. Anders, wenn sie das Glück hatten, irgendwo als Untermieter unterzukommen. Dann hatten sie ein eigenes Zimmer mit Bett. Dies war vor allem in Wohnungen von Rentnern der Fall.
Um der Situation entgegenzuwirken, gründeten sich in Berlin mehrere Vereine, die sogenannte Ledigenheime errichteten. Sie boten es relativ kleine Zimmer an, in denen ein oder zwei Betten standen. Dort konnten sich Zugezogene relativ günstig für eine bestimmte Zeit einmieten. Die Zimmer im Ledigenheim Moabit waren jungen Arbeitern vorbehalten. Anders als das größte dieser Heime im Wedding, in dem zur Hälfte auch Studenten lebten.
Das Grundstück in der Waldenserstraße 31 war vom Verein Ledigenheim gekauft und bebaut worden. Als es im Sommer 1914 eröffnet wurde, bot es 200 möblierte Zimmer, verteilt auf das Vorderhaus und je zwei Seitenflügel und Quergebäuden. Vorn im Erdgeschoss wurde ein großer Speisesaal eingerichtet, der an ein Restaurant erinnerte. Unter dem Dach befanden sich Dusche und Wannenbäder. Zusätzlich soll es eine Dachterrasse mit einem Schwimmbad gegeben haben.
Besondere ist auch die Gestaltung der Fassade am Vorderhaus. Die wie Säulen über drei Etagen hochgezogenen Achsen sind konvex angelegt, sie wölben sich nach außen und sind mit Motiven aus der Arbeitswelt bemalt. Gezeigt werden für die Zeit typische Gewerke der dort lebenden Schlafgänger.
Nach dem Krieg lebten in dem Gebäude Waisenkinder, später wurde es als Altersheim genutzt. In den Jahren 1983 bis 1985 erfolgte ein umfangreicher Umbau durch das Jugenddorf des Diakonischen Werkes. Heute befindet sich darin ein Hostel mit 88 Zimmern.