Was passiert am Gedenkort Ellen-Epstein-Straße?

Im Online-Tages­spiegel vom Donnerstag wurde eine Behaup­tung aufge­stellt, die nicht stimmt. Es geht um eine Erwei­te­rung des Lidl-Geländes zwischen Quitzow- und Ellen-Epstein-Straße. Der Artikel brachte auch wieder den ominösen Verein Gleis 69 ins Spiel, der in der Vergan­gen­heit schon mehr­mals durch die Veröf­fent­li­chungen unrich­tiger Fakten aufge­fallen ist.
Zum Artikel hat jemand von der Initia­tive „Ihr letzter Weg“ eine Erwi­de­rung veröf­fent­licht, die hier gekürzt doku­men­tiert wird:
„Gerne ergänze ich den Beitrag von Frau Seiring und stelle einige Sach­ver­halte richtig. Wichtig ist darauf hinzu­weisen, dass zu lange mit der Erin­ne­rung an die vom Güter­bahnhof Moabit verschleppten jüdi­schen Mitbür­ge­rinnen und Mitbür­gern abge­wartet wurde. Verdrängt und vergessen wurden dieser Ort des Grauens über Jahr­zehnte, weil er verkannt wurde. Denn erst die Forschung im Rahmen des Verfah­rens hat die wahre Bedeu­tung dieses Ortes ans Licht gebracht.
Vielen Mitbür­ge­rinnen und Mitbür­gern, Bezirks­po­li­ti­kern des alten Bezirks Tier­garten ist es zu verdanken, dass erst in den 90er Jahren des letzten Jahr­hun­derts die Errich­tung eines Mahn­mals in Angriff genommen werden konnte. Das Mahnmal konnte 2017 einge­weiht werden. Der im Artikel erwähnte Verein „Gleis 69“ hat sich dagegen erst 2018 gegründet.
Zu den Fakten: Es ist von Lidl 2020 eine Bauvor­anfrage gestellt worden. Diese geht einem Bauan­trag voraus und soll klären, ob ein Bauan­trag über­haupt geneh­mi­gungs­fähig ist. Und das ist er in diesem Fall nach unseren Erkennt­nissen nicht. Der Antrag wider­spricht dem Einzel­han­dels­kon­zept. Dieses sieht vor, dass groß­flä­chiger Einzel­handel sich nur in den entspre­chenden Zentren und Kern­ge­bieten ansie­deln soll, nicht an deren Rand. Die Bauvor­anfrage ist aller­dings vor der Verab­schie­dung des Einzel­han­dels­kon­zeptes gestellt worden. Lidl genießt daher nur noch Bestand­schutz als örtli­cher Nahver­sorger. Nach der Stel­lung­nahme von Herrn Stadtrat Gothe in der Sitzung der Bezirks­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung Mitte vom 27.05.2021 ist aber vorstellbar, dass Lidl den Standort am Mahnmal komplett aufgibt. Entspre­chende Gespräche wurden mit der Geschäfts­lei­tung geführt. Es wird vom Bezirksamt auch ange­strebt, dass das denk­mal­ge­schützte Areal an dem Mahnmal dem Land Berlin über­tragen werden sollen.
Im Übrigen ist darauf hinzu­weisen, dass die Pflege und Instand­hal­tung des Mahn­mals nicht allein Aufgabe des Bezirks Mitte ist. Die Erin­ne­rung an die Verschlep­pung tausender Berliner Jüdinnen und Juden ist auch Landes­auf­gabe. Die Instand­hal­tung der Rampen­fas­sung aus ehema­ligen Eisen­bahn­schwellen obliegt den jewei­ligen Eigen­tü­mern, also z.B. der Firma Lidl. Das ist gängiges Denk­mal­recht.
In einer Zeit, wo gute jour­na­lis­ti­sche Arbeit beson­ders wichtig ist, liefert der Tages­piegel erneut zu diesem Thema einen schlecht recher­chierten und teil­weise mit falschen Fakten gespickten Artikel ab, worauf Sie auch schon hinge­wiesen worden sind. Schade.“

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