Seit 2014 fahren wieder Straßenbahnen nach Moabit, in ein paar Jahren dann sogar weiter nach Charlottenburg. Damit wurde hier ein Verkehrsmittel reaktiviert, das mal im ganzen Stadtteil präsent war.
Begonnen hatte es bereits in den 1860er Jahren, als die „Berlin-Charlottenburger Straßenbahn“ ihre zweite Linie auch durch Moabit führte – damals noch von Pferden gezogen. Bald kamen die Strecken der „Großen Berliner Pferdeeisenbahn“ dazu, die mit der Elektrifizierung um die Jahrhundertwende herum zur „Großen Berliner Straßenbahn“ wurde und 1929 in der BVG aufging.
Die Blütezeit der Straßenbahn in Moabit war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert. Anfang der 1930er Jahre gab es 15 Linien, die Moabit mit fast allen Bezirken der Stadt verbanden. Endhaltepunkte gab es in der Wilhelmshavener, Bremer, Wald- und Gotzkowskystraße sowie am Stephanplatz.
Doch die Planung der Nationalsozialisten für das neue Groß-Berliner „Germania“ beschnitt die Straßenbahn massiv: Mindestens sechs Linien, die zuvor durch den Großen Tiergarten Richtung Süden führten, wurden eingestellt bzw. verkürzt. Im damals noch eng bebauten Hansaviertel sowie dem gesamten Tiergarten zwischen Knie (heute Ernst-Reuter-Platz) und dem Brandenburger Tor wurden die Schienen aus dem Boden gerissen. Die heutige Straße des 17. Juni als neue Paradestraße Ost-West-Achse sollte nicht durch so etwas Profanes wie die Straßenbahn gestört werden. So entstand mitten in Berlin ein großes Loch im öffentlichen Nahverkehr.
Dieses wurde auch nach der NS-Zeit nicht wieder gestopft. Die erste Moabiter Straßenbahnlinie, die nach dem Krieg eingestellt worden ist, war die 21, weil sie im Bereich südöstlich vom Reichstag bis nördliches Kreuzberg mehrfach über die Sektorengrenze wechselte. An der damals noch offenen Grenze mussten jedes Mal die Schaffner und Fahrer gewechselt werden, weil Osten und Westen mittlerweile unterschiedliche Währungen hatten. Da die Ost-BVG aber auch weibliches Fahrpersonal einsetzte, was nach West-Berliner Gesetzen illegal war, wurde die Linie aufgegeben. Mit der Abschaffung der Straßenbahnen in West-Berlin 1967 war dann auch in Moabit Schluss. Und doch gibt es heute noch imposante Überbleibsel.
1879 und 1881 waren erste Depots für die Pferdestraßenbahn im Block zwischen der Wald- und Beusselstraße sowie in der Stromstraße errichtet worden. Zehn Jahre später baute die Straßenbahn-Gesellschaft einen Betriebshof in der Waldenserstraße, der sich quer durch den Block bis zur Wiclefstraße hindurch zog. Dort konnten in zwei Etagen über 500 Pferde untergebracht werden, die teilweise über heute noch vorhandene Rampen ihren Platz erreichten. Die Schuppen und Werkstätten für die Wagen befanden sich auf der östlichen Seite des Hofs, die Wagen wurden zum Teil mit Aufzügen in den ersten Stock gehoben. Ein Großteil dieses Betriebshofs existiert noch heute, bis auf den Teil an der Wiclefstraße.
Doch mit der Elektrisierung der Straßenbahn wurde dieser Betriebshof überflüssig und deshalb nach nur elf Jahren 1902 wieder geschlossen. Stattdessen öffnete 1901 in der Wiebestraße der Betriebshof VII Moabit. Mit einer Kapazität von 325 Wagen auf 24 Hallengleisen war er bei seiner Inbetriebnahme der größte Straßenbahnhof Europas. Zeitweise versahen über tausend Beschäftigte ihren Dienst auf dem Hof, der bis zu zehn Linien beheimatete. 1964 wurde der Betrieb eingestellt, sodass dort in den folgenden Jahren nur noch die Verschrottung der alten West-Berliner Wagen erfolgte. Am 21. Dezember 1967 wurde der Fahrstrom der Straßenbahn endgültig abgeschaltet.
Ein Teil der Wiebe-Hallen wurde danach als Lagerfläche, ab 1991 als Künstler-Ateliers genutzt. Wegen Einsturzgefahr musste das einstige Depot 1996 gesperrt werden und öffnete 2003 nach einer Sanierung als Kfz-Oldtimer-Zentrum neu.