
Es gibt viele Kinder, die von ihren Eltern geschlagen werden. Das ist schlimm und es ist wichtig, dass die Jugendämter da genau hinschauen und eingreifen. Viel zu oft tun sie es leider nicht. Aber es gibt auch das Gegenteil und dies ist nicht weniger schlimm für die Kinder und die Eltern.
Ein solcher Fall ist der von Sandra aus Moabit. Sie ist mit über 30 Jahren sicher nicht mehr so sprunghaft wie eine Jüngere und als sie vor zwei Jahren ihre Tochter Sarah (Name geändert) bekam, war auch alles gut. Außer, dass sie noch immer in der Wohnung neben ihrer sehr dominanten Mutter wohnte, die die Kontrolle über Tochter und Enkelin behalten wollte.
Vor einem Jahr lernte Sandra einen Mann kennen, zog einige Monate später zu ihm in die Wohnung. Die Entscheidung fiel so schnell, weil sie großflächigen Schimmelbefall in ihrer Wohnung entdeckt hatte. Und auch, weil sie so endlich aus der Umklammerung ihrer Mutter entfliehen konnte.
Mit dem Umzug schaltete die Oma auf Konfrontation. Die gesamte Familie wurde mit einbezogen, Sandra wurde bei allen schlechtgemacht. Auch dass sie sich mit ihrem neuen Freund in einer evangelischen Freikirche engagiert wurde ihr zum Vorwurf gemacht. Schon bald wollte niemand mehr mit ihr etwas zu tun haben.
Dann kamen die Weihnachtstage. Im Kindergarten geriet Sarah mit einem anderen Mädchen aneinander, sie kloppten sich um ein Spielzeug, wobei sie einige blaue Flecken abbekam. Einen Tag später lief sie bei einem Besuch durch die Wohnung eines Bekannten. Einen Moment passte Sandra nicht auf, als das Mädchen an einen noch heißen Herd fasste. Schnell bildeten sich Brandblasen, Sandra und ihr Freund fuhren sofort mit Sarah ins Kinderkrankenhaus der Charité im Wedding. Die Ärzte dort alarmierten das Jugendamt und die Polizei, weil sie eine Vernachlässigung des Mädchens befürchteten.
Natürlich hätte Sandra oder ihr Freund besser aufpassen müssen, aber alle, die selber Kinder haben wissen, dass eine lückenlose Überwachung kaum möglich ist. Zumal die beiden erst noch dabei waren, die Wohnung kindergerecht umzubauen, sie also sicherer zu machen. Doch auch die Hämatome von der Auseinandersetzung im Kindergarten wurden als Hinweis für eine Misshandlung gedeutet. Die Mitarbeiterinnen im Kindergarten stritten die Klopperei von Sarah und dem anderen Mädchen gegenüber dem Jugendamt ab, während sie im kleinen Kreis zugaben, dass es sie gegeben hatte.
Nun begann die “Kinderschutzmaschine” anzulaufen. Mitarbeiter des Jugendamts wurden zum Dauergast in der gemeinsamen Wohnung, es gab eine Befragung durch die Polizei, Psychologen beschäftigten sich mit Mutter und Tochter. All das ist ja ok, wenn ein Verdacht auf Misshandlung vorliegt. Aber es sollte auch zu einem vernünftigen Ergebnis führen. Das tat es jedoch in diesem Fall nicht.
Als Sarah im Februar krank wurde und nichts mehr essen wollte, riet der Arzt dazu, sie zur Essensaufnahme zu zwingen. Damit war natürlich keine Gewalt gemeint, aber Sandra sollte sich gegen ihre Tochter durchsetzen. Der Freund hielt nun Sarah den Mund auf, während Sandra sie fütterte. Dabei entstanden erneut Hämatome, die kurz danach einer Besucherin des Jugendamtes auffielen.
Alle Erklärungen nutzten nichts: Am 2. März wurde Sarah aus der Wohnung geholt und in eine Kinderwohneinrichtung in Lichtenrade gebracht. Der Mutter wurde zugestanden, ihre Tochter zweimal pro Woche für je 1 ½ Stunden zu besuchen, jedoch nur unter Aufsicht. Versuche, mit dem Mädchen zu Kinderfesten oder dem Sommerfest des Kindergartens zu gehen, wurden unterbunden. Als Begründung wurde angeführt, dass das Kindeswohl nicht gesichert sei. Dabei haben sich Sandra und ihr Freund längst weitergebildet, besuchten einen Erste-Hilfe-Kurs für Babys und Kleinkinder. Und auch die Wohnung wurde kindergerecht ausgestattet, viele Sicherheitsmaßnahmen wurden installiert, Sarah hat ein eigenes, großes Zimmer.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Kinder blaue Flecken kriegen. Sandra und ihrem Freund wird dies aber vorgeworfen, es wird die Behauptung aufgestellt, sie würden das Mädchen misshandeln.
Doch schon im März wies Sarah erneut neue Hämatome auf, die sie sich diesmal jedoch in der Wohneinrichtung zugezogen hat. Merkwürdig nur, dass diese ganz anders interpretiert werden, diesmal wurde nicht der Verdacht einer Misshandlung erhoben. Und noch schlimmer: Sandra fotografierte diese Flecken und stellte die Fotos dem Jugendamt zur Verfügung – dort aber sind sie angeblich nicht mehr aufzufinden.
Immer wieder kamen parallel dazu Hinweise von Sandras Mutter, sie könne alles sofort rückgängig machen, wenn sie wieder zurückkämen. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Oma einen etwas zu guten Draht zum Jugendamt hat, wenn sie so etwas behaupten kann.
Mittlerweile sind vier Monate vergangen. Sarah wohnt noch immer in der Einrichtung und das Jugendamt weigert sich, sie wieder freizulassen. Sie wollen Sandra das Kind dauerhaft wegnehmen, obwohl es keine nachvollziehbaren Hinweise auf eine Misshandlung gibt. So drohen sie auch damit, Sandra durch das Familiengericht die Erziehungsberechtigung entziehen zu lassen.
Alternativ bieten sie ihr an, erstmal für ein Jahr in ein Mutter-Kind-Heim zu ziehen. Dies würde aber die junge Familie auseinanderreißen und sie müssten auch ihre relativ günstige Wohnung in Moabit aufgeben. Zumal sie das große Glück haben, in der Nähe einen Kindergartenplatz ergattert zu haben.
Sandra und ihr Freund wollen sich mit der Willkür des Jugendamts nicht abfinden. Sie haben einen Rechtsanwalt beauftragt, der nun Anzeige gegen das zuständige Jugendamt wegen Kindesentziehung gestellt hat. Vermutlich wird es also zu einem Gerichtsverfahren kommen.
Das alles wird ohne Not auf dem Rücken der kleinen Sarah ausgetragen, die erst von ihrer alten Wohnung in die neue gezogen ist und einige Monate später dort rausgeholt wurde. Sie musste sich zweimal an eine neue Umgebung gewöhnen, auch an neue Bezugsmenschen und an die Trennung von ihrer Mutter.
Das Gesetz spricht davon, dass es in erster Linie um das Wohl des Kindes geht. In diesem Fall aber hat man eher den Eindruck, das Jugendamt will ein Exempel statuieren. Unterstützt von einer fragwürdigen Psychologin aus der Wohneinrichtung sowie der Großmutter, die wiederum ihre eigenen Interessen verfolgt. Ich kenne Sarah, Sandra und ihren Freund. Und ich weiß, dass an den Vorwürfen nichts dran ist. Das Vorgehen des Jugendamtes ist für mich unverständlich.
Gestern hat Sandra ihr zweites Baby bekommen. Heute Vormittag sind Vertreter vom Jugendamts Mitte im Krankenhaus erschienen und haben ihr auch dieses Kind weggenommen. Wieder mit der Begründung, das Kindswohl sei gefährdet.
Es ist ein Skandal, nicht mehr nachvollziehbar und nicht zu akzeptieren, wie unmenschlich das Jugendamt vorgeht und systematisch eine Familie zerstört. Während anderswo Kinder in ihren Elternhäusern halbtot geschlagen werden können und das Jugendamt sich mit Personalnot rausredet, wird hier mit der Keule auf eine funktionierende Familie eingeschlagen. Wenn das so weitergeht, gibt es noch eine Katastrophe.